E-Mobility - Die Herausforderungen der Ladeinfrastruktur

06.10.2021 Know-How

Der Fortschritt in der E-Mobility und der Ausbau der Ladeinfrastruktur hängen von verschiedenen Faktoren ab. Für ein nachhaltiges Konzept ist es wichtig, die Systeme und Zusammenhänge zu verstehen. Dazu gehören Ladekonzepte, Reichweite, Finanzierung, Ressourcengewinnung und Batterie-Recycling.

Ob rein batteriebetriebenes Fahrzeug oder Hybridlösung - das Ladekonzept eines Elektroautos folgt einem bestimmten Schema. Der On Board Charger (OBC) im Fahrzeug übernimmt das Lademanagement. Das Laden per se funktioniert einfach via "Plug and Play" des Kabels in die Steckdose und unter Einhaltung der vom Hersteller vorgegebenen Ladezeiten, Batteriekapazität und Ladeleistung des OBC. Um eine optimale Ladung zu gewährleisten und Fehler zu vermeiden, kommunizieren Batterie und Ladegerät miteinander. Hierbei definiert das Auto seinen Ladebedarf; die Ladestation (Mode 2 oder 3) bestätigt ihre Kapazität. Diese Kommunikation ermöglicht eine sehr flexible Autotyp-Wahl, lediglich die Stecker müssen kompatibel sein.

Ladedauer-Beispiel

Ein BMW i3 hat eine Nettokapazität von 37,9 kWh und einen OBC mit max. 11 kW. Somit sollte ein Akku innerhalb von 3,5 h geladen sein. Das deckt sich mit der Herstellerangabe, dass eine 80-prozentige Kapazität bei maximaler Wallbox-Ladung (Mode 3) nach 3,12 h erreicht wird. Erfolgt das Laden nur mit der einfachen Schuko-Steckdose (Mode 2), sind es nach Herstellerangaben ca. 15 h (37,9 kWh : 15 h = 2,5 kW). Dies wiederum entspricht dem zu erwartenden Maximum einer Steckdose. Eine reine DC-Ladung dauert dann ca. 42 Minuten (50 kW).

Ladestecker und Modi

Trotz des Wunschs nach einer Normung der Ladestecker haben sich - je nach Herkunftsland des Autos - verschiedene Systeme etabliert. Da bis 2015 die meisten Elektroautos weltweit in Japan gefertigt wurden, hat sich der dort übliche CHAdeMO-Standard stabil gehalten. Die Europäer hingegen bestanden auf ihrem eigenen Standard (Type 2), schafften es aber nicht, diesen als solchen zu etablieren, ebenso die USA und China. So teilen sich die Automarken weltweit derzeit vier verschiedene Steckgesichter.

Eine Ladestation (Wallbox) kann verschiedene Lademodi anbieten. Zur allgemeinen Sicherheit trägt die Einhaltung der regionalen Elektrizitätsnormen (VDE) bei. Letztlich werden vier Ladeszenarien unterschieden:

Mode 1: Ungesteuertes Laden ohne Kommunikation, keine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (Gefahr), Ladegerät im Auto verbaut (OBC); max. Ladestrom: 16 A/11 kW, 1-phasig/3-phasig

Mode 2: Ungesteuertes Laden, Schutzeinrichtung/Pilotfunktion im Kabel (In Cable Control and Protection Device, IC-CPD), Ladegerät im Auto verbaut (OBC); max. Ladestrom: 32 A/22 kW bei 1ph/3ph

Mode 3: Gesteuertes Laden, AC-Laden an typgeprüften Ladestationen, Schutzeinrichtung/Pilotfunktion in der Ladestation integriert, Ladegerät im Auto verbaut (OBC); max. Ladestrom: 63 A/44 kW bei 1ph/3ph

Mode 4: Gesteuertes Laden, DC-Laden nur an typgeprüften Ladestationen (Electric Vehicle Supply Equipment, EVSE), Überwachungs- und Schutzeinrichtung/Pilotfunktion in der EVSE integriert, im Auto verbautes Ladegerät (OBC) wird umgangen.

Reichweite

Ein hochkontroverses Thema ist die Reichweite. Sie variiert aktuell zwischen 100 und knapp 1000 km Fahrleistung und hängt zudem davon ab, ob es sich um ein rein batteriebetriebenes Fahrzeug oder eine Hybridlösung handelt. Hinzu kommt der sehr unterschiedliche Bedarf der Kunden: Der durchschnittliche Arbeitsweg in Deutschland liegt bei 16,9 km (regional auch 30 km). Bei täglicher Nachladung lässt sich das mit jedem Autotyp bewältigen. Komplizierter wird es bei weiteren Strecken, wie der Fahrt in den Urlaub. Hier kommen die Schnellladepunkte ins Spiel. Mit ihnen lässt sich z.B. ein BMW i3 bei einem 50-kW-Ladepunkt in ca. 42 Minuten laden.

Inzwischen gibt es Ladepunkte von bis zu 200 kW, die die Ladezeit auf knapp zehn Minuten (bei 80 % Ladung) reduzieren würden. Wird der Ladestecker zusätzlich gekühlt (500-850 A), geht das Laden fast so schnell wie das Tanken.

Staatlicher Zuschuss

Wie sich die Elektromobilität entwickelt, hängt zu einem wesentlichen Teil von der Finanzierung ab. Das Corona-Konjunkturpaket der deutschen Bundesregierung macht den Kauf eines Elektroautos jetzt interessanter. Damit wurde die Netto-Obergrenze der bezuschussten Fahrzeuge auf 40.000 Euro erhöht, der staatliche Zuschuss beim Kauf eines reinen Elektroautos auf 6000 Euro verdoppelt. Hinzu kommen die Mehrwertsteuerersparnis von 3 % bei Rechnungsstellung bis Ende 2020 und der Umweltbonus der Hersteller (ca. 3000 €). Auch für die Investition in die Infrastruktur sind seitens Bund und Ländern Gelder im Konjunkturpaket vorgesehen.

Die Angst vor einer Netzüberlastung hat bisher viele davon abgehalten, eine eigene Ladesäule oder Wallbox anzuschaffen - unberechtigterweise. Denn ein Standard-Einfamilienhaus wird mit einer Leitung versorgt, die mit mindestens 63 A abgesichert ist. Zum Vergleich: Der größte Stromverbraucher im Haushalt ist der Elektroherd, der mit 16 A abgesichert ist. Selbst mit weiteren Großverbrauchern im Haus wie Elektroboiler (ca. 16 oder 25 A) ist immer noch ausreichend Kapazität für eine Wallbox vorhanden.

Zudem arbeiten die Energieversorger am Ausbau der Infrastruktur. Sie wollen das Netzwerk der Trafostationen dichter und effizienter machen und Ladeparks frühzeitig einplanen. Auch Großraum-Garagen werden bei solchen Konzepten mit einberechnet; zukünftige Straßenbeleuchtungs-Konzepte sehen öffentliche Ladesäulen vor, die in den Straßenleuchten integriert sind.

Ressource Lithium

Der Abbau von Lithium, derzeit essenziell für die Batteriezellen-Produktion für Elektroautos, hinterlässt einen negativen ökologischen Fußabdruck. Die weltweit größten Vorkommen befinden sich in Bolivien, Argentinien und Chile, mit Ressourcen von jeweils rund neun Millionen Tonnen. In Europa befinden sich die größten Vorkommen in Portugal mit 100.000 und Österreich mit 50.000 Tonnen. Laut Statista entfällt heute rund 37,4 % des Lithium-Bedarfs auf die Batterien.

Beim Abbau wird die Lake, in der sich das Lithium befindet, mit vorwiegend salzhaltigem Grundwasser an die Oberfläche gepumpt und in diversen Verdunstungsschritten getrocknet. Das Wasser wird nicht zurückgeführt, was einen Rückgang des Grundwasserspiegels zur Folge hat und in den betroffenen Regionen zulasten von Mensch und Natur geht.

Auch wenn die Angaben sich unterscheiden, geben diese Zahlen einen Eindruck über die Größenordnung: Im chilenischen Salar de Atacama sollen täglich 21 Millionen Liter Wasser für den Abbau von Lithium benötigt werden. Auch die Menge des gewonnenen Materials variiert, die neuesten Angaben liegen bei 23 Tonnen reinem Lithium pro Tag. Hieraus ergibt sich ein Verbrauch von 900.000 Litern Wasser pro Tonne Lithium. Erfolgt die Herstellung der Lithium-Batterien mit solch enormem Aufwand, sollte umsichtig mit diesem Rohstoff umgegangen werden.

Batterie-Recycling

Das macht auch das Recycling der Batterien zu Sekundärrohstoffen zum wichtigen Thema: Neben Lithium kommen in einer Autobatterie eine Menge weiterer Rohstoffe zum Einsatz, darunter Mangan, Kobalt, Nickel und Graphit sowie flüssigem Elektrolyt, zudem ca. 10 bis 20 kg Lithium (Mittelklassewagen-Batterie).

Aktuell stehen zwei Recycling-Verfahren zur Wahl: Das eine nutzt die unterschiedlichen Schmelztemperaturen der Materialien und funktioniert über das Einschmelzen, das andere zerkleinert die Einzelteile, um sie chemisch herauszulösen. Beiden geht das mechanische Trennen der Verbindungselemente, der Schutzelektronik, der Isolierstoffe und der Verpackungskunststoffe voraus. Der Vorteil beim Zerkleinern besteht darin, dass das vor Ort passieren kann und der Akku, der als Gefahrgut gilt, nicht - oder nicht so weit - transportiert werden muss. Recycling lohnt sich jedoch erst, wenn größere Massen verarbeitet werden können.

Für den Rohstoffverbrauch spielt auch die Lebensdauer einer Batterie eine Rolle. In Elektroautos gilt sie jedoch als "tot", sobald sie nur noch 80 % ihrer Maximalkapazität erreicht hat. Doch das entspricht nicht der Realität, man kann ihr ein zweites und drittes Leben schenken. Nach Überprüfung des Akkupacks und Neuordnung der einzelnen Zellen kann ihr Second Life als Pufferbatterie beginnen, um Solar-, Wind- und Wasserenergie, Spannungsspitzen der Energieversorger oder sonstige überschüssige Energien zwischenzuspeichern. Außerdem ergeben sich Möglichkeiten für mobile Energiespeicher für Parkgaragen und vieles mehr. Hier erfolgt eine Neudefinition der alten 80%- als neue 100%-Kapazität mit den gleichen Qualitätsmerkmalen. Größe und Gewicht sind hier zweitrangig.

Fazit

Derzeit sind die Märkte und Fabriken für das Recycling und Second Life noch nicht ausgereift. Dennoch ist es wichtig, Faktoren wie den Abbau und Einsatz der Ressourcen sowie die Renaturalisierung der Erde bereits jetzt mitzudenken und die Hintergründe zu verstehen. Jeder kann selbst entscheiden, wie er in Zukunft mobil sein möchte.

 

Komponenten gibt es auf www.rutronik24.de.

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