Elektromotor ist nicht gleich Elektromotor - Verschiedene Varianten und wie sie geregelt werden

07.02.2019 Know-How

Elektromobilität ist aufgrund der Dieselaffäre eines der aktuell heißesten Automotive-Themen. Dabei ist die Idee, statt auf Verbrennungsmotoren auf saubere Elektrizität aus erneuerbaren Energien zurückzugreifen, nicht neu: Straßenbahnen etwa fuhren schon Ende des 19. Jahrhunderts elektrifiziert. Auf der Straße tritt die E-Mobilität ihren Siegeszug dagegen erst an: Seit Juli 2016 fördert die Bundesregierung Elektroautos finanziell, bis 2020 soll eine Million E-Autos über deutsche Straßen rollen. Doch Elektromotor ist nicht gleich Elektromotor, und damit ist E-Auto nicht gleich E-Auto. Es gibt zahlreiche unterschiedliche Antriebskonzepte sowie für diese Konzepte jeweils optimal geeignete Mikrocontroller. Ein Überblick:

Gleichstrommotor

Von allen Elektromotoren ist der bürstenkommutierte Gleichstrommotor der älteste und  bekannteste. Vom Prinzip her besteht dieser Motor aus einem Stator, der mittels eines  Magneten ein homogenes Magnetfeld erzeugt. Der Rotor besteht aus einer Spule, die von einem Strom durchflossen ein Dipolfeld - wie das eines Stabmagneten - erzeugt. Durch die unterschiedliche Polarität beginnt sich nun der Rotor zu drehen, bis sich die unterschiedlichen Pole gegenüber stehen und die Bewegung zum Stillstand kommt. Damit eine dauerhafte Drehung des Rotors entsteht, wird nun vom Kommutator(Stromwender), genauer gesagt einem Stromrichtungswender, in der Rotorspule die Stromrichtung alle 180 Grad gedreht. Dadurch ändert sich die Polarität des Rotormagneten, womit sich nun gleiche Polaritäten gegenüberstehen, die sich nun abstoßen, und den Rotor weiterdrehen. So ist eine gleichmäßige Drehung des Rotors gegeben.

Der hier beschriebene Minimal-Motor hat nur ein Polpaar im Rotor, wogegen die in der Praxis  eingesetzten Motoren über mehrere Polpaare verfügen. Damit ist das Statorfeld um den ganzen Motor verteilt, was zu einem gleichmäßigen Lauf des Rotors führt. Dies hat weiter den Vorteil, dass der magnetische Fluss höher ist, was zu einem höheren Drehmoment führt, das zudem noch wesentlich „ripplefreier“ ist als der prinzipielle Aufbau mit nur einem Polpaar.

Regelung des Motors

Da der Motor  sich selbst rein mechanisch kommutiert, ist die Regelung sehr einfach über die angelegte  Spannung zu realisieren, da das Drehmoment des Motors  alleine vom magnetischen Fluss und dieser wiederum vom Strom ab abhängt, der durch den Rotor fließt. Dies geschieht am besten durch ein PWM-Signal, das etwa von einem Microcontroller, der einen Leistungstransistor ansteuert, ausgegeben wird. Idealerweise geschieht dies über eine H-Brücke aus vier Transistoren , da so auch noch die Drehrichtung geändert werden kann.

Wie eingangs erwähnt, wird das Statorfeld vermittels eines Magneten erzeugt. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass dieses Feld durch Spulen erzeugt wird, die durch einen separaten Stromkreis mittels Schleifringen gespeist werden. Dadurch sind höhere Flussdichten und ein höheres Drehmoment  möglich.

Synchron-Motor

Der Drei-Phasen Synchron-Motor besteht aus  drei um 120 Grad versetzten Spulenpaaren  im Stator und einem konstant magnetisierten Rotor. Dies kann mit Permanentmagneten oder durch elektromagnetische Fremderregung mittels Feldspule auf dem Rotor mit Stromzufuhr über Schleifringe realisiert werden. Nach dem Einschalten rotiert das Feld im Stator sofort mit der anliegenden Drei-Phasen-Spannung. Da der Rotor wegen der mechanischen Trägheit  nicht sofort dem  Drehfeld folgen kann, wird eine  Anlaufhilfe benötigt, die als Kurzschlusskäfig im Rotor realisiert ist. Dadurch läuft der Motor als Asynchron-Maschine bis zur Synchron-Drehzahl an. Nun wird das Erregerfeld im Rotor eingeschaltet, und der Motor läuft synchron zum Stator-Drehfeld.

Normalerweise tritt beim Synchron-Motor kein Schlupf (das heißt, dem Drehzahlunterschied zwischen dem Statorfeld und der Drehzahl des Rotors) auf. Jedoch eilt das Rotormagnetfeld bei Belastung dem Statorfeld hinterher. Ist dieser Polradwinkel bei 90 Grad angelangt, ist das Kipp-Moment erreicht und der Rotor bleibt stehen. Ein großer Vorteil dieses Motos zum Gleichstrommotor sind die fehlenden Bürsten. Dadurch ist der Motor wesentlich verschleißfreier, und erzeugt wegen des fehlenden „Bürstenfeuers“ auch keine  EMV Probleme.

Regelung des Motors

Um die Motordrehzahl bei Laständerung auszuregeln und eine Sollwertänderung der Drehzahl einzuregeln, ist es Voraussetzung, die Position des Rotors zu kennen. Eine einfache Möglichkeit ist, an den Motorspulen Hallsensoren anzubringen, die die Position an den steuernden Mikrocontroller übergeben. Soll die Position ohne Sensoren erfasst werden, ist dies wesentlich aufwändiger, da als Sensorelemente nur die Ströme in den einzelnen Phasen sowie die Back-EMF zur Verfügung stehen, die mit schnellen A/D-Wandlern gemessen werden.  Diese werden an ein mathematisches Modell des Motors übergeben,  aus dem ein Mikrocontroller die PWM-Steuersignale für die  Sechsfach-Motorbrücke generiert.

Da der Motor eine sinusförmige Ansteuerung erwartet, die Motorbrücke jedoch nur pulsbreitenmodulierte Signale ausgeben kann, wird der Sinus über eine entsprechende Sequenz aus PWM-Impulsen nachgebildet. Ein guter Wert sind 100 PWM-Impulse pro Welle, da durch die Tiefpasswirkung der Motorspulen die Impulse geglättet werden.

Damit der Motor synchron läuft, muss der Mikrocontroller drei um 120 Grad versetzte PWM-Sequenzen generieren, die einen Sinus nachbilden, was bei Last- und Sollwertvorgabeänderungen der Drehzahl eine hohe Rechenleistung des Mikrocontrollers sowie eine ausgefeilte Timer-Einheit benötigt.

Asynchron-Motor

Der Asynchron- Motor  ist mechanisch sehr einfach aufgebaut: Wie im Synchron-Motor befinden  sich im Stator drei um 120 Grad versetzte Spulenpaare. Der Rotor jedoch ist ein sogenannter Kurzschlussläufer, das heißt, er besteht aus kurzgeschlossenen Leitern, die durch das von den Statorspulen gelieferte Magnetfeld erregt werden. So lange sich der Rotor synchron zum Statorfeld nicht bewegt, wird im Käfig keine Spannung induziert und es ist kein Drehmoment vorhanden.

Wenn sich der Rotor langsamer als das Statorfeld dreht, ändert sich der Fluss, wodurch eine Spannung induziert wird, die zu einem Strom im Kurzschlussläufer führt, der wiederum ein Drehmoment hervorruft, das proportional zu diesem sogenannten Schlupf ist. Durch ihren einfachen Aufbau sind diese Motoren in der Antriebstechnik weit verbreitet.

Soll die Drehzahl des Motors digital mit einem Frequenzumrichter geregelt werden, ist das Prinzip das gleiche wie beim Synchron-Motor, wo die Rotorposition über die Phasenströme und die Back-EMF ermittelt wird. Über ein mathematisches Modell, das im Microcontroller gerechnet wird, werden dann die Steuersequenzen für die Motor-Endstufe generiert[HSE1] .

 

BLDC-Motor

Obwohl der Motor „Bürstenloser DC-Motor“ heißt, ist es kein DC Motor, sondern eine Drehstromsynchronmaschine, da diese ebenso drei Spulenpaare im Stator enthält und der Rotor mit Permanent-Magneten aufgebaut ist. Die Motor-Endstufe ist wie beim Synchron- und Asynchron-Motor mit sechs Transistoren realisiert,  die von einem Mikrocontroller angesteuert werden, der die Sequenz erzeugt.

Diese sogenannte Kommutierungs-Sequenz besteht bei aus sechs Blöcken pro Umdrehung. Es sind immer nur zwei Brücken aktiv, bei der dritten Brücke sind die beiden Transistoren offen. Zum besseren Verständnis sind die einzelnen Kommutierungsmuster bildlich dargestellt.

Befinden sich , wie im Bild weiter oben dargestellt, Hallsensoren in den Statorspulen, ist die Kommutierung relativ einfach, da die Position des Rotors zu jedem Zeitpunkt bekannt ist. Stehen keine Hallsensoren zur Verfügung, wird normalerweise die in den Statorspulen generierte Back-EMF ausgewertet. Allerdings funktioniert dies nicht bei sehr kleinen Drehzahlen, da hier die induzierte Spannung zu klein und der Impuls zu breit ist, um die Rotorlage eindeutig identifizieren zu können.

Seit einiger Zeit sind Verfahren bekannt, die darauf basieren, dass kurze Testimpulse, die zu schwach sind, um den Rotor zu bewegen, in die Statorspulen geschickt werden. Da das Magnetfeld des Rotors die Induktivität der Statorspulen beeinflusst, kann durch die induzierte Spannung (Back-EMF) auf die Lage des Rotors rückgeschlossen werden.

Realisierung des Antriebs:

Um den Motor antreiben zu können werden nun folgenden Komponenten benötigt: Ein leistungsfähiger Mikrocontroller, der in Verbindung mit einer Drei-Phasen-PWM-Timer-Einheit die die passenden Impuls-Muster  für die Endstufe  generiert. Diese Endstufe wiederum besteht aus sechs Leistungstransistoren und den dazu gehörigen Treiberbausteinen. Aktuell bieten die meisten Hersteller entsprechende Hardware zur digitalen Regelung an. Beispielhaft sollen hier Bausteine von Renesas, STMicro und Infineon vorgestellt werden:

Mit der Synergy-Familie bietet Renesas innovative Bausteine die über alles benötigten Features verfügen. Hervorzuheben sind  hier die Derivate S7 und S5, zwei auf dem CORTEX M4 basierte Controller, die mit 120Mhz beziehungsweise 240 Mhz laufen. Zum Messen der Phasenströme und der Back-EMF verfügen die Bausteine über zwei 12-bit A/D Wandler, die mit 2,5 Mhz laufen . Die Timer-Einheit kann über den sogenannten Event-Link-Controller die A/D-Wandler direkt triggern, wodurch keine Interrupt-Routine abgearbeitet werden muss. Beim Event-Link-Controller handelt es sich um eine State-Machine, die die CPU von Interaktionen mit der Peripherie entlastet. So können neben dem wie oben erwähnten Triggern des A/D-Wandlers auch die Timer sowie der DMA aktiviert und auch Interrupts an die CPU gegeben werden.

Die mit Abstand wichtigste Funktion für die digitale Motorregelung ist eine leistungsfähige Timer-Einheit. Hier bieten der S7 und der S5 mit dem GPT32E ein hochauflösendes Modul, das aus vier unabhängigen Timern besteht, die mit mindestens 8,3 ns auflösen können sowie einem Drei-Phasen-PWM-Generator für die Brückenansteuerung. Wie bereits  weiter oben erwähnt, kann über die ELC-Einheit der A/D-Wandler direkt getriggert werden. Zusätzlich stehen noch ein vereinfachter 32-Bit- beziehungsweise 16-Bit-Timer zur Verfügung, falls noch  zusätzliche Motoren mit dem  selben Controllern angesteuert werden sollen.  Bei Synergy von Renesas handelt es sich um ein Konzept, bei dem auch umfangreiche Software für alle wichtigen Motoren zur Verfügung gestellt wird, so dass eine schnelle Implementierung des Antriebs  ermöglicht wird.

Funktionell ähnlich sind die Timer-Module bei der STM32-Familie von STMicro. Das neueste Derivat, der STM32H7, enthält eine so genannte High-Resolution-Timer-Einheit  (HRTIM1), die mit einer Taktrate von 400 Mhz läuft, wodurch eine sehr hohe Auflösung  der PWM erreicht wird. Das Modul besteht  aus sechs Timern, einem Master und fünf Slaves, womit zehn hochauflösende Ausgänge für die Brückenansteuerung realisiert werden können.  Dieses Modul ist besonders für sehr schnell drehende BLDC-Motoren interessant, wie Antriebe, die etwa mit  30000 U/min laufen, und pro Welle mehr als 100-PWM-Impulse ausgeben. Für Standard-Antriebe sind die Advanced-Control-Timer TIM1 und TIM8 absolut ausreichend. Sie realisieren  eine PWM-Einheit mit sechs Ausgängen für die Motorbrücke sowie den Totzeit-Generator für die Halbbrücken. Wie Renesas  bietet auch STM Software-Module für die verschiedenen Motortypen an.

Die für Antriebe optimierten XMC-Mikrocontroller von Infineon besitzen mit dem CCU8-Modul eine ebenfalls sehr flexible, aus vier Untermodulen bestehende Einheit. So können die Zähler etwa „center aligned“ or „edge aligned“ betrieben werden sowie  Einzelimpulse, so genannte „single shots“, ausgeben. Damit ist es relativ einfach, das PWM-Signal inklusive Tot-Zeit für Halbbrücken zu generieren.

Kurz gefasst: Je nach Antriebskonzept bieten unterschiedliche Hersteller dafür unterschiedliche Lösungen an; die Wahl des Mikrocontrollers richtet sich also ganz konkret nach der Applikation. Hier können qualifizierte Field Application Engineers Kunden gezielt zum optimal geeigneten Mikrocontroller beraten.

Komponenten gibt es auf <link www.rutronik24.de _blank external-link-new-window "open internal link">www.rutronik24.de</link>.

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