Der Trend zu Advanced Driver Assistance Systems (ADAS) bis hin zum automatisierten Fahren setzt eine intelligente und sichere Versorgung der stetig wachsenden Anzahl von Steuergeräten zwingend voraus. Hierfür ist der Schutz des Bordnetzes vor defekten Verbrauchern, die Überstrom oder gar Kurzschluss verursachen, unerlässlich.
Dieser Schutz kann auf mehrere Arten gewährleistet werden: Zum einen durch Maßnahmen zur Strombegrenzung einzelner Verbraucher, zum anderen durch die schnelle Trennung defekter Stromverbraucher oder gestörter Bordnetzabschnitte vom übrigen Bordnetz, bevor es zu längeren Einbrüchen in der Bordnetzspannung kommt. Längere Spannungseinbrüche können sonst Steuergeräte für vitale ADAS-Funktionen in einen Unterspannungsreset zwingen und so sicherheitsrelevante Funktionen vorübergehend abschalten.
Herkömmliche Schmelzsicherungen und Relais sind hierfür ungeeignet, denn ihre Schaltgeschwindigkeit liegt um den Faktor 100 niedriger der Geschwindigkeit intelligenter Halbleiterbausteine. Dadurch werden sensible Lasten und Spannungsversorgungen durch Überlast gefährdet. Weiterhin müssen geschmolzene Sicherungen ersetzt werden und lassen sich nicht wie Halbleiterbausteine zurücksetzen. Besonders in Zonen-Architekturen, wie sie in Zukunft auftreten, ist das keine Option.
Neue Funktionalitäten
Für die Auslegung zukünftiger ADAS-Systeme bietet die neue PROFET Load Guard Familie von Infineon eine hervorragende Kombination aus Schutz- und Diagnosefunktionalitäten. Der flexible high-side power switch deckt zahlreiche Funktionen ab, wie den Schutz der Spannungsversorgung, das Steuern und den Schutz der Last, Eigenschutz sowie den Schutz der elektrischen Leitungen. Da die PROFET Load Guards die Einschaltstromstöße begrenzen, eignen sie sich auch zum Schalten kapazitiver Lasten. Der capacitive load switching mode (CLS mode) ermöglicht zudem das schnelle Einschalten von großen Kondensatoren, ohne den Baustein thermisch zu überlasten. Durch die einstellbare Strombegrenzung schützt das Bauteil auch empfindliche Filterkomponenten in der Versorgungsleitung von Sensoren (Stichwort „Power over Coax“). Die eng tolerierte Übersetzung (kILIS) des Strom-Istwertes erlaubt zudem eine präzise Diagnose der Lastbedingungen.
Bild 1 zeigt eine Beispiel-Applikation: Zwei ADAS-ECUs (in diesem Fall für Kameras) werden per Power over Coax versorgt. Das Signal (im Bild „Data“) und die Spannungsversorgung („Supply“) werden durch Filter separiert. Verursacht eine Kamera einen Kurzschluss, so begrenzt der PROFET Load Guard (im Bild blau) den Laststrom auf einen voreingestellten Wert. Diese Strombegrenzung schützt einerseits auf der Lastseite die Filterspulen („POC“) vor Überhitzung. Andererseits bleibt auch die Spannungsversorgung („DC/DC power supply“) im spezifizierten Lastbereich und kann die andere Kamera ungestört weiter versorgen. Die Strombegrenzung sorgt so für Störfreiheit der Laststromkreise untereinander (Freedom from Interference).
Neueste Entwicklung mit einstellbarer Strombegrenzung
Bild 3 zeigt das Blockschaltbild des BTG7090-2EPL aus der PROFET Load Guard Familie mit seinen internen Funktionsblöcken. Neu ist der Block „Overcurrent limitation“. Im Vergleich zu seinen Vorgängern – siehe auch Produktmerkmale in Bild 2 – schaltet der PROFET Load Guard bei Überstrom nicht einfach ab, sondern arbeitet weiter und begrenzt den Ausgangsstrom auf einen voreingestellten Grenzwert.
Hierfür besitzt er eine einstellbare Strombegrenzung. Mit einem externen Widerstand wird der Maximalstrom konfiguriert. Bei Überlast wird der Ausgangsstrom auf den mit dem Widerstand programmierten Grenzstrom limitiert, wobei der Ausgangstransistor des PROFET Load Guard in den Linearbetrieb geht. Die dadurch anfallende Verlustleistung im Transistor erwärmt das Bauteil. Erst wenn die Chiptemperatur oder der Temperaturgradient einen bestimmten Maximalwert erreicht, schaltet das Bauteil den betroffenen Kanal ab, um sich selbst zu schützen. Dann kommt die Retry-Strategie zum Einsatz, eine Kombination aus Auto-Restart und Latch-Off: Nach dem Abschalten sinkt die Chiptemperatur wieder und der PROFET Load Guard schaltet selbsttätig wieder ein (ein kontinuierliches High-Signal am Steuereingang vorausgesetzt). Nach sechs vergeblichen Restart-Versuchen schaltet die Ausgangsstufe permanent ab (Latch-Off). Eine Low-High-Sequenz am Steuereingang setzt den internen Retry-Zähler zurück und schaltet den Ausgang wieder ein.
Durch die Einstellbarkeit der Stromlimitierung ermöglicht der Baustein eine hohe Flexibilität in der Anwendung, denn die Funktionalität kann durch die Wahl des Widerstands an veränderte Anforderungen angepasst werden.
Zu seinem Schutz verlässt sich der Schalter auf seine Temperaturüberwachung mit Abschaltung aufgrund von Übertemperatur. Selbstverständlich kann auch der ansteuernde Mikrocontroller den PROFET Load Guard abschalten. Als Entscheidungsgrundlage dienen ihm die Diagnosefeedback-Signale am Sense-Pin. Hierüber gibt der Baustein auch ein präzises Feedback (± 5 %) zum aktuellen Stromverbrauch der Last wieder.
Umgang mit Rückstrom reduziert Verlustleistung
PROFET Load Guard können den Strom nur in einer Richtung abschalten. In der anderen Richtung leitet die intrinsische Body-Diode des MOSFET, auch wenn der Kanal selbst nicht leitet. Rückstrom gibt es beispielsweise bei generatorisch arbeitenden Motoren als Last. In der Body-Diode können hohe Verlustleistungen anfallen, die den Chip und eventuell auch Nachbarkanäle erwärmen, was zu deren Abschaltung führt.
Das Produktmerkmal „InverseON“ erlaubt es, den internen MOSFET einzuschalten, solange sich der Rückstrom innerhalb bestimmter Grenzen befindet. Der Vorteil: Die Verlustleistung, die im Kanal des MOSFETs entsteht, ist kleiner als die, die in der Body-Diode entstehen würde.
Mithilfe des Funktionsblocks „Capacitive Load Switching“ (CLS) eignet sich der PROFET Load Guard auch zum schnellen Laden und Einschalten großer kapazitiver Lasten. Dazu wird der Eingang mit einer bestimmten PWM angesteuert. Dieses PWM-Signal versetzt den Baustein in den CLS-Modus mit der Abschalt-Strategie „Continous Auto Restart“. Dabei wiederholen sich die Schaltspiele „Einschalten und speisen mit Grenzstrom“ und „Abschalten wegen Schutz vor steilem Temperaturanstieg“, bis der Spannungsabfall am Ausgangstransistor im Ein-Zustand einen bestimmten Wert unterschreitet. Dann gilt die kapazitive Last als hinreichend aufgeladen. Danach wird dauerhaft durchgeschaltet und die PWM kann durch einen High-Pegel am Steuereingang ersetzt werden. Vorteil: Der Baustein bleibt währenddessen in der spezifizierten Safe Operating Area (SOA).
Verfügbarkeit, Simulationsmöglichkeiten und Evaluation Boards
PROFET Load Guard sind ISO 26262-ready, Infineon stellt also Informationen in einer „Safety Application Note“ (SAN) zur Verfügung, die unterstützen, um das Bauteil in ein funktional sicheres System zu integrieren. Das erste Derivat ist der zweikanalige BTG7090-2EPL, Muster sind auf Anfrage bei Rutronik erhältlich. Die Serienproduktion startet Ende 2022. Das Datenblatt, Simulationsmodelle und weitere Tools finden Interessenten unter https://www.infineon.com/profetloadguard
Zur Evaluierung bietet Infineon zwei Boards, mit denen man sich ein Kit zusammenstellt: Das Motherboard mit dem Namen PROFET ONE4ALL MB V1 (Bild 5) und die Tochterplatine BTG7090-2EPL DAUGH BRD (Bild 6).
Zusammen mit einem Infineon µIO-Stick und dem GUI namens Config Wizard lässt sich der Baustein konfigurieren, steuern und testen.
Fazit
ADAS benötigen eine verlässliche Energieversorgung innerhalb des Fahrzeugbordnetzes. Dazu muss das Bordnetz vor anderen defekten Verbrauchern mit exzessivem Strombedarf geschützt werden. Durch seine an die Systemanforderungen anpassbare, strombegrenzende Funktion lässt der PROFET Load Guard gefährliche Kurzschlussströme und Stromspitzen an seinen Ausgängen gar nicht erst zu und schützt so die Last und die 12-V-Spannungsversorgung vor Überlastung.
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