Fluch und Segen der MLCC-Versionsvielfalt – Wissenswertes für mehr Versorgungssicherheit

11.01.2023 Know-How

Die große Auswahl an Keramikkondensatoren ist Fluch und Segen zugleich. In Verknappungszeiten gibt es mehr Alternativen, was aber die Freigabeprozesse erschweren, den logistischen Aufwand erhöhen und so zur Lieferperformance-Bremse werden kann. Dennoch gibt es Möglichkeiten, die Vielfalt an Kondensatoren unter Berücksichtigung bestimmter Parameter zu nutzen, um eine Versorgungssicherheit herzustellen.

Mit neuen Materialien und Mixturen sowie andersartigen Konstruktionen in Aufbau und Struktur haben die Hersteller von Keramikkondensatoren in den letzten Jahren zahlreiche optimierte Bauteile geschaffen. Dadurch stehen für unterschiedliche Applikationen und Funktionen mit speziellen Anforderungen viele spezifische Kondensatoren zur Auswahl. Diese unterscheiden sich in ihren Eigenschaften, ihrer Baugröße oder Bauart und erfüllen so die verschiedensten Anforderungen. Zu den bekannten Varianten gehören etwa die High-Frequency- (HF), High-Quality- (HiQ), Radio-Frequency- (RF), Microwave-, Low-Inductance- oder Low-Loss-Typen, Kondensatoren mit Kupfer-Innen-Elektroden oder End-Terminierungen zum Leitkleben und sogenannte „X2Y“-Versionen.

Spezial-Typen an Kondensatoren für bestimmte Anwendungen

Neben den genannten Typen gibt es darüber hinaus weitere spezielle Varianten von Kondensatoren wie etwa die „Variable Capacitors“, die durch Nutzung des DC-Bias-Verhaltens eine spannungssteuerbare und damit variierbare Kapazität bieten.

Speziell für hohe Ströme sind die CeraLink®-Kondensatoren von TDK ausgelegt, da sie in weiten Bereichen einen Anstieg der Kapazität über der angelegten Spannung zeigen. Ebenfalls noch weniger bekannt sind die „3D-Silizium“-Kondensatoren. Sie nutzen die dritte Dimension, um die Kondensatorfläche und damit die Kapazität zu vergrößern. Murata bietet beispielsweise ein Modell in Baugröße 0402 mit einer Höhe von nur 100 μm, das 100 nF liefert. Die 3D-Kondensatoren verhalten sich ähnlich wie NP0-Typen und eignen sich besonders für HF-Anwendungen bis 110 GHz sowie High-Temperature-Anwendungen bis +250 °C.

Wenn es auf Versorgungssicherheit ankommt

Was all diese Spezial-Typen gemeinsam haben: Sie sind extrem optimiert auf bestimmte Anforderungen bzw. Anwendungen, damit aber auch häufig sogenannte Single-Source-Bauteile. Es gibt also keine Alternative, was in Verknappungs- oder Allokationszeiten häufig zu erheblichen Beschaffungsschwierigkeiten führt.   

Dieses Problem stellt sich bei den Quasi-Standard-MLCCs weitaus weniger. Es gibt auch hier verschiedene Varianten, z. B. mit unterschiedlichen C-Wert-Toleranzen, Spannungen oder Temperaturbereichen, mit speziellen Terminierungen (Soft-Termination, Silber-Palladium) oder als Commercial- bzw. Automotive-Grade-Bauteil. Doch viele Modelle stimmen in Konstruktion, Baugröße, Keramikart usw. überein, sodass für diese Kondensatoren (sog. CV-Produkte) in der Regel mehrere Alternativen zur Auswahl stehen, auch von vielen verschiedenen Fabrikaten. In Rutronik’s portfolio sind SEMCO (Samsung Electro-Mechanics), Yageo, KEMET, KyoceraAVX, Murata, TDK, Vishay and Samwha.

Parameter für Alternativen clever setzen

Die zunehmende Digitalisierung macht es einfacher, mehrere Varianten zu handhaben, doch sie sorgt gleichzeitig dafür, dass die Auswahl nur exakt nach den festgelegten Parametern erfolgt. So ist immer wieder festzustellen, dass beispielsweise ein Kondensator mit einer Toleranz von 20 % (Code-Buchstabe M) definiert wurde, bei der Alternativensuche dann Bauteile mit dem besseren Toleranzwert von 10 % nicht akzeptiert werden, weil die Bezeichnung nicht übereinstimmt.

Als Orientierungshilfe, um die Alternativensuche zu erleichtern, hat Rutronik die Tabelle 1 erstellt. Sie gibt an, in welche Richtungen ein Austausch unkritisch und wann dieser zwar möglich ist, aber einzelne Parameter vorab zwingend zu prüfen sind.

Um bei Re-Designs und Neuentwicklungen eine preisgünstige und flexible Lösung zu erhalten, empfiehlt es sich zudem, auf eine möglichst kleine Bauform zu setzen und die Parameter, z. B. Spannung, Toleranz, aber auch die Keramik-Art (die auch den Temperaturbereich definiert), anhand der tatsächlichen Anforderungen festzulegen. Dadurch wird eine Überdimensionierung vermieden, die die Auswahl an Alternativen ebenfalls einschränkt. Bei der Alternativensuche müssen dann jedoch die Bauteile mit besseren Spezifikationen auch zugelassen werden. Berücksichtigt man diese Hinweise, profitiert man gerade auch in Verknappungszeiten von der Variantenvielfalt.

 


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Curse and Blessing of MLCC Version Diversity

Variable capacitors use DC bias response to create a variable capacitance. Image: Murata

TDK’s compact CeraLink capacitors can be used both as snubber and as DC link capacitors. Image: TDK

The 3D structure enables miniaturization by a factor of 100. Image: Murata

Helpful overview of possible alternatives and critical parameters. Source: Rutronik