Leistungselektronik - Si, Si-Schottky oder SiC-Schottky?

05.03.2021 Know-How

Der Einsatz von Siliziumkarbid (SiC) in der Leistungselektronik nimmt zunehmend Fahrt auf. Denn es ermöglicht niedrigere Leistungs- und Schaltverluste sowie kompaktere Bauformen als Silizium – und wird aufgrund sinkender Preise immer interessanter für Entwickler von Leistungshalbleitern.

In der Leistungselektronik ist eine immer größere Schaltleistung bei höheren Spannungen gefordert. Zudem stellen Platzbedarf, Gewicht und Wirkungsgrad bei der Bauteil-Auswahl für Anwendungen wie industrielle Motorsteuerungen, regenerative Stromerzeugung und Elektromobilität einen entscheidenden Faktor dar. Dabei sollen Kosten und Aufwand minimiert und die Qualität der Applikationen gleichzeitig maximiert werden.

Während hier bisher meist Silizium- (Si) Dioden zum Standard gehörten, bieten Bauteile auf SiC-Basis vor allem ab einer Spannung von 600 V wesentliche Vorteile. Da Hochleistungsbauelemente in Schaltungstechnik-Applikationen immer im gepulsten Betrieb zum Einsatz kommen, müssen hier mitunter auch die Schaltverluste sowie die aus den Sperrverzögerungsströmen entstehende EMI (Electromagnetic Interference) berücksichtigt werden.

Schalt- und Durchlassverluste

Schaltverluste entstehen bei jedem Schaltvorgang, etwa beim Ein- oder Ausschalten der Bauelemente. Mit höherer Schaltfrequenz nehmen auch die entsprechenden Verluste zu, und damit die Gesamtverlustleistung des Systems. Deshalb geht bei hohen Schaltfrequenzen ein Großteil der gesamten Verlustleistung des Systems auf ihr Konto. Kommen Si-Bauelemente in diesen Anwendungen zum Einsatz, erzwingen die hohe Verlustleistung und die daraus entstehende Wärme eine Begrenzung des Laststroms oder eine kostenintensive Kühlung.

Bei Netzfrequenz dominieren die Durchlassverluste, bei Schaltfrequenzen ab einigen 100 Hz überwiegen die hier entstehenden Schaltverluste.

Liegt eine sehr hohe Sperrspannung an, spielen zudem die Sperrverluste eine Rolle - vor allem bei hohen Temperaturen. In diesen Fällen sind SiC-Schottky-Dioden ideal, da sie sich durch sehr niedrige Sperrverzögerungsströme und kurze Sperrverzögerungszeiten auszeichnen. Damit reduzieren sie die damit verbundenen Energieverluste stark.

Für die Gesamtverluste gilt:

Pv = Ps + Pt + Psperr (Schalt- + Durchlassverluste + Sperrverluste)

Während mit größer werdendem Durchlassstrom in Durchlassrichtung die Verlustleistung in der Diode steigt, bleibt sie in Sperrrichtung konstant. Daher hat der Leckstrom IR der SiC-Schottky-Diode im Aufwärtswandler (Booster) mit niedrigem Ausgangsstrom einen nicht unerheblichen Anteil an den Gesamtverlusten. Bei hohen Strömen wiederum überwiegt die Durchlassspannung UF. Da die Schottky-Diode die meiste Zeit über in Sperrrichtung betrieben wird, wirkt sich der Sperrstrom deutlich auf die Verlustleistung der Diode aus. Es genügt deshalb nicht, nur auf eine möglichst geringe Durchlassspannung bei der Diode zu achten. Zielführender ist es hier, IR und UF in Kombination zu betrachten und dann zu bewerten, wie beide zur Gesamtverlustleistung der Diode beitragen.

Je höher die Ausgangsspannung des Boosters ausfällt, desto höher ist auch die Einschaltdauer und desto länger bleibt die Schottky-Diode in Sperrrichtung. Wird bei Schottky-Dioden die Durchlassspannung reduziert, erhöht sich der Rest-Sperrstrom, sodass hier eine optimale Diode gefunden werden muss.

Bei der Auswahl von Dioden ist es also entscheidend, die Durchlassverluste, die Schaltverluste und die Speicherladung zu minimieren und gleichzeitig die Durchbruchspannung und das sanfte Kommutierungsverhalten zu maximieren. Um eine gute Energieeffizienz zu gewährleisten, ist bei Schottky-Dioden die Gesamtverlustleistung anstelle individueller Baustein-Parameter oftmals der schlüssigere Ansatz.

SiC-Schottky-Dioden sind aufgrund der niedrigeren Schaltverluste und des Wegfalls der Rückstromspitze beim Ausschalten der Diode wesentlich effizienter als Si-Dioden. Störaussendungen werden entsprechend reduziert und das EMI-Verhalten des gesamten Systems verbessert.

Betriebstemperatur und thermische Auslegung

Die thermische Auslegung spielt bei Systemen der Leistungselektronik eine entscheidende Rolle, um eine hohe Leistungsdichte und somit kompaktere Systeme herstellen zu können. Si-Schottky-Dioden sind bei hohen Strömen anfällig für eine übermäßige Wärmeentwicklung. Die Kombination von großer Wärme und erhöhtem Ableitstrom (IR) kann zu einem Anstieg der Gehäuse- und Umgebungstemperatur führen. Eine falsche thermische Auslegung erzeugt somit unter Umständen eine Wärmemenge, die nicht mehr abgeleitet werden kann. Die mögliche Folge ist ein "thermisches Durchgehen", also eine extrem schnelle Hitzeentwicklung, die das Bauteil und sogar das ganze System schädigen kann.

Die Temperaturabhängigkeit von SiC-Schottky-Dioden weicht erheblich von Si-Schottkys ab: Die thermische Leitfähigkeit von Siliziumkarbid liegt fast um das Dreifache höher als bei Silizium. Damit eignet sich SiC für höhere Betriebstemperaturen. Weniger Verlustwärme beim Einsatz von SiC-Leistungshalbleitern bedeuten gleichzeitig einen höheren Wirkungsgrad und kleinere Kühlkörper, was den Platzbedarf in der Applikation und ihr Gewicht verringert.

Da die Flussspannung Vf mit dem Betriebswiderstand bei höheren Temperaturen steigt, hilft das, ein thermisches Durchgehen zu verhindern. Damit ist auch ein Parallelschalten der SiC-Schottky-Dioden möglich. Zudem eignen sie sich wegen des positiven Temperaturkoeffizienten im Vergleich zu Siliziumdioden besser für einen Parallelbetrieb bei hohen Spannungen.

Leistungsfaktorkorrektur

Die europäische Norm EN 61000-3-2 definiert die Grenzwerte für den Oberschwingungsgehalt des Netzstroms für Geräte, die für den Verkauf an die allgemeine Öffentlichkeit vorgesehen sind und eine Wirkleistungsaufnahme besitzen. Zudem sind hier Einschränkungen und Ausnahmen für über 75 W festgelegt. In der Praxis bedeutet dies, dass die einfache Netzgleichrichtung mittels Brückengleichrichter und nachfolgender Siebung in vielen Fällen nicht zulässig ist, weil der Netzstrom in diesem Fall pulsierend ausfällt und einen hohen Oberschwingungsgehalt aufweist. Um ihn näherungsweise sinusförmig zu halten, kommt ein Aufwärtswandler zum Einsatz, der sogenannte Leistungsfaktor-Vorregler oder Power Factor Preregulator, auch PFC (Power Factor Correction).

Eine CCM-PFC-Stufe (Continuous Conduction Mode, nichtlückender Betrieb) ist die bevorzugte aktive Topologie für sehr leistungsfähige Netzteile. Für die Freilaufdiode gelten in diesem Design folgende Anforderungen:

eine geringe Rückwärtserholzeit bzw. -ladung (trr/Qrr), um die Einschaltverluste des MOSFET und die Schaltverluste der Diode zu reduzieren,

eine geringe Flussspannung Vf, um die Leitungsverluste zu verringern, und

eine weiche Rückwärtserhol-Charakteristik, um die elektromagnetische Abstrahlung (EMI) zu reduzieren.

Damit stellt eine SiC-Schottky-Diode hier die optimale Lösung dar.

Die beste Diode für jede Anwendung

Si-Dioden sind die erste Wahl für Niederspannungsanwendungen. Bei Hochspannungsapplikationen im Bereich von 600 bis 1200 V hingegen bieten SiC-Dioden wesentliche technische Vorteile, welche die höheren Kosten wieder wettmachen. Im Bereich um 200 bis 600 V stellen Schaltfrequenz und Strom die ausschlaggebenden Faktoren dar. SiC-Dioden werden in diversen Applikationen benötigt, darunter Ladestationen für E-Autos und On-Board Charger (OBC), Leistungswandler für Elektro- und Hybridfahrzeuge, Schaltnetzteile bzw. PFC-Schaltungen, als Freilauf-Dioden für Induktivitäten sowie für MOSFETs/IGBTs und Wechselrichter in DC/AC-Wandlern für die Solar- und Windenergie.

Ultraschnelle Hochspannungsdioden bietet Rutronik von STMicroelectronics an. Sie sind ideal für kostensensitive Anwendungen und mit niedriger Vorwärtsspannung Vf passend für die Eingangsseite einer Wechselstrom-Gleichrichterbrücke. Diese STTHxx-Si-Dioden sind für 600 V bis 1200 V ausgelegt mit einer Strombelastbarkeit von 5 A bis 30 A.

Die Schottky-Gleichrichterdiode STPSC10H12 aus SiC-Substrat hat dank des Materials mit breiter Bandlücke eine niedrige Flußspannung und eine Nennspannung von 1200 V. Aufgrund der Schottky-Konstruktion zeigt sie beim Abschalten keine Verzögerungszeit sowie vernachlässigbare Schwingungsneigung. Ihr minimales kapazitives Abschaltverhalten ist unabhängig von der Temperatur. Die SiC-Diode STPSC10H12 eignet sich besonders für den Einsatz in PFC- und sekundärseitigen Anwendungen und erhöht die Leistung unter harten Schaltbedingungen. Sie ist für den Betrieb bei Sperrschichttemperaturen zwischen -40 °C und +175 °C spezifiziert. Mit der STPSC10H12-Y ist auch eine AEC-Q101-qualifizierte Version für den Automotive-Einsatz verfügbar. Sie ist auch PPAP-fähig.

 

Komponenten gibt es auf www.rutronik24.de.

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