Referenz-Designs für elektrische 48V-Leichtfahrzeuge - Mikro-Mobility nimmt Fahrt auf

17.07.2024 Know-How

Viele Länder haben sich zu Klimazielen verpflichtet. Um diese zu erreichen, gilt es auch, den Verkehr in Städten emissionsfrei zu gestalten. Dabei spielt nicht nur die Elektrifizierung von PKWs eine bedeutende Rolle, auch elektrische Leichtfahrzeuge können maßgeblich dazu beitragen.

Elektrische Leicht- oder Kleinstfahrzeuge (Low-Speed Electrical Vehicles, LSEV) sind ideal, um kurze Strecken im urbanen Raum zurückzulegen. Hinzu kommen die strengeren Umweltschutzanforderungen in immer mehr Städten, z. B. in Form von beschränkten Verkehrszonen, die diesen Fahrzeugen einen Aufschwung bescheren dürften. So geht P&S Intelligence davon aus, dass der globale Markt von 35,2 Mrd. US-Dollar im Jahr 2017 auf 68 Mrd. US-Dollar im Jahr 2025 anwächst. Der größte Anteil wird dabei auf Ländern mit hohen Bevölkerungszahlen und vielen dicht besiedelten Gebieten wie China und Indien entfallen. Dementsprechend nimmt auch die Produktion der elektrischen Leichtfahrzeuge z. B. in China zu: Research In China prognostiziert einen Zuwachs von 2021 bis 2025 von 15 Millionen Fahrzeugen (Bild 1). 

Vielfalt der Mikro-Mobility

Die auch unter dem Begriff ‚Mikro-Mobility‘ zusammengefassten elektrischen Klein- und Leichtfahrzeuge umfassen ganz unterschiedliche Fahrzeugarten. Sie dienen entweder als Nutzfahrzeug oder für den Personenverkehr in städtischen Gebieten. Da sie sich unterhalb der PKW-Klasse befinden, unterscheiden sich die Anforderungen bezüglich Typenzulassung deutlich von denen klassischer PKWs. 

Eine Bauform sind z. B. zweirädrige Fahrzeuge. Dazu gehören e-Roller, e-Bikes sowie Pedelecs inklusive zwei-, drei- oder vierrädrige Lastenräder. Weil letztere eine schnelle Fortbewegung in dicht bewohnten Stadtzentren ermöglichen und einen gewissen Stauraum bieten, sind sie insbesondere bei Dienstleistern wie Paketboten oder Lieferdiensten beliebt, aber auch bei Familien. 

Zu den dreirädrigen Fahrzeugen zählen Krafträder mit Beiwagen für den privaten Gebrauch und kleine PKWs, z. B. der Piaggio Ape. Sie eignen sich für die Personenbeförderung, etwa im Tourismusbereich, außerdem kommen sie im Postverkehr zum Einsatz. 

Die vierrädrigen Modelle reichen vom e-Quad über kleine e-Autos wie der Renault Twizy bis zu kleinen e-Vans. Je nach Größe und Ausführung werden sie für unterschiedliche Anforderungen im Wirtschafts- und Personenverkehr eingesetzt. 

Leistung, Geschwindigkeit und Reichweite der kleinen Leichten

Entsprechend ihrer Fahrzeugklasse kommen die Leichtfahrzeuge auf unterschiedliche Geschwindigkeiten und Nennleistungen. Mit den Mikromobilen und leichten zweirädrigen Fahrzeugen lassen sich maximal 25 km/h erreichen. Sie haben typischerweise eine Nennleistung von 1 kW. Die größeren zwei- und dreirädrigen Typen haben im Allgemeinen eine Maximalleistung von 4 kW und fahren maximal 45 km/h. Leichte vierrädrige Fahrzeuge sind ebenfalls mit dieser Höchstgeschwindigkeit unterwegs, ihre Nennleistung kann bis 6 kW betragen. Die schweren vierrädrigen Modelle mit einer Nennleistung von 15 kW erreichen hingegen bis zu 90 km/h. Die Reichweite der Leichtfahrzeuge unterscheidet sich je nach Leistung, viele kommen mit einer Batterieladung rund 150 km weit.

Vorteile von Leichtfahrzeugen

Für Entwickler / Hersteller

  • Geringere Sicherheitsvorschriften zu beachten
  • Geringere Kosten für den Motor und elektronische Komponenten im Vergleich zu 400V- und 800V-Fahrzeugen
  • Höhere Zuverlässigkeit der Bauteile im Vergleich zu 400V- und 800V-Fahrzeugen
  • Kein Risiko durch Hochspannung

Für Nutzer

  • Einfaches Laden an Standardsteckdosen
  • Praktisch für Kurzstreckenfahrten in städtischen Gebieten
  • Benötigen wenig Parkraum 
  • Klimafreundliches Fahren
  • z. T. auch in Umweltschutzzonen erlaubt

Aus den aufgeführten Gründen sieht auch die Automotive Business Unit (ABU) von Rutronik ein großes Potenzial für elektrische Leichtfahrzeuge. Deshalb entwickelt Rutronik gemeinsam mit Vishay nach dem erfolgreichen Referenz-Design für einen bidirektionalen HV-Schalter für 800 VDC / 50 A nun auch Beispiel-Applikationen für leichte Elektrofahrzeuge mit einem 48V-Bordnetz. Dabei handelt es sich um den On-Board Charger (OBC) für das Batteriesystem mit 48 V und den Traktionsinverter. Das Hauptaugenmerk der Designs liegt auf der Effizienz der Wandler, einer kompakten Bauweise mit geringer Bauhöhe und Qualität auf Automotive-Niveau. Integriert in ein Show-Car wurden sie im September 2023 auf der electronica India erstmals vorgestellt.

Der On-Board Charger

Der OBC bietet eine maximale Ladeleistung von 3,3 kW. Seine Schlüsselbauelemente sind die neuen Power-Module VS-ENM040M60P, optimierte Power Factor Correction- (PFC) Spulen sowie ein eigens für diesen Einsatz entwickelter Übertrager. Ein Power-Modul integriert einen halbgesteuerten Eingangsgleichrichter, eine Diode und einen MOSFET für die Power Factor Correction sowie eine Halbbrücke für den Übertrager. Als Gehäuse kommt Vishays EMIPAK-1B zum Einsatz. Es ermöglicht höhere Leistungsdichten als ein Aufbau mit diskreten Halbleitern und sorgt mit seinen Pressfit-Kontakten für eine schnelle Montage mit sicheren Verbindungen zu einer Platine.

Eine wichtige Rolle spielen auch die passiven Bauteile, denn ihre Eigenschaften sind mitbestimmend für den Wirkungsgrad der Schaltung. Als Übertrager wird ein integrierter LLC-Transformator von Vishay Custom Magnetics verwendet. Die Resonanzinduktivitäten sind darin bereits enthalten.

Der Traktionsinverter

Die Nennleistung des Traktionsinverters beträgt 10 kW bei einer kurzzeitigen Spitzenleistung von 15 kW. Als Leistungshalbleiter kommen Vishays N-Kanal Automotive TrenchFET im Gehäuse PowerPAK 8x8L Reverse zum Einsatz. Dank des Gehäuses mit Top-Side-Cooling müssen sie nicht durch die Platine entwärmt werden, sondern können thermisch direkt mit einem Kühlkörper verbunden werden. Das reduziert den thermischen Widerstand und verbessert die Wärmeabfuhr.

Fazit

Mit den neuen Referenz-Designs für Low Speed Electric Vehicles haben Hardware-Entwickler und -Entwicklerinnen Designvorlagen, mit denen sie die Time-to-Market eines eigenen Schaltungsentwurfes entscheidend verkürzen können. Durch den Einsatz neuester Hochleistungsbauteile erreichen die Lösungen eine hohe Leistungsdichte bei geringen Kosten.


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Bild 1: Um die steigende Nachfrage zu decken wird die Produktion von elektrischen Leichtfahrzeugen in China in den nächsten Jahren deutlich zunehmen.

Bild 2: Die elektronischen Power-Applikationen in einem LSEV (Bild: Rutronik)

Bild 3: Die Bauelemente in Vishays Power-Modul VS-ENM040M60P