Referenzdesigns, Dev-Kits & Co: Von der Stange gut, individuell angepasst noch viel besser

19.01.2022 Know-How

Application Notes, User Guides, Development Kits und Evaluation Boards – sie sollen Entwicklern dabei helfen, immer schneller vermarktbare Ergebnisse zu produzieren und so immer kürzere Time-to-Market-Vorgaben zu erfüllen. Damit das gelingt, gilt es jedoch schon vorab ein paar Aspekte zu berücksichtigen.

Die führenden Halbleiter-Hersteller haben bereits früh erkannt, dass nicht nur die Performance und Qualität ihrer Produkte deren Markterfolg beeinflussen. Auch eine umfangreiche Dokumentation ist ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil, weil sie Produktentwicklern die Implementierung der Komponenten erleichtert.

Hierfür bieten die Hersteller immer umfangreichere Tools auf ihren Websites an. Das reicht bis hin zu kompletten Schaltplänen mit Stücklisten inklusive aller benötigten passiven und elektromechanischen Bauelemente oder gar der Integration aller Produktdaten der Peripheriebauteile in Simulationstools für Entwickler.

Häufig entwickeln die Halbleiter-Anbieter diese Referenzdesigns gemeinsam mit Herstellern von elektromechanischen und passiven Bauelementen. Die dabei entstehenden Boards eignen sich hervorragend als Testumgebung und Startpunkt für die eigene Entwicklung. Sie sind jedoch nicht nach den gleichen Kriterien optimiert wie eine Applikation für die Serienproduktion. Die Gründe dafür sind offensichtlich: Die Stückzahlen der Testboards sind sehr gering. Eine Stückkosten-Optimierung, die mit längeren Entwicklungszeiten und höheren Entwicklungskosten einhergeht, rechnet sich deshalb oft nicht. Auch das Layout bzw. der Platzbedarf der Platine unterliegen keinerlei Restriktionen, da die Boards nicht für den Einsatz in einer realen Anwendung konzipiert sind. Hinzu kommen die Betriebsbedingungen des Halbleiter-Bauteils: Diese können in verschiedenen Applikationen sehr unterschiedlich ausfallen, was sich auf die Anforderungen an alle Bauteile der Schaltung auswirkt.

Das heißt: Das Referenzdesign kann relativ teuer ausfallen und weder die Anforderungen an Abmessungen und Gewicht noch an andere Parameter, wie z.B. Temperatur, der Applikation erfüllen. Deshalb lohnt es sich, die Vorschläge aus den Referenzdesigns nicht einfach blind zu übernehmen.

Zeitintensive Suche nach idealen Bauteilen verkürzen

Die Recherche nach Bauteilen, die die individuellen Anforderungen (besser) erfüllen, kann jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen. Hier ist im Einzelfall abzuwägen, wie viel Aufwand und Zeit in die Suche nach Alternativen fließen darf.

Eine grobe, aber hilfreiche Richtline gibt die bekannte 80/20-Faustregel: 80% des Optimierungspotenzials lässt sich mit 20% des Aufwandes realisieren. Bei der Kostenoptimierung ist es deshalb meist sinnvoll, sich auf die wertigen Bauteile der Schaltung zu konzentrieren.

Zu mehr Effizienz bei der Entwicklung tragen Best-Practice-Erfahrungen und externe Ressourcen bei. Hierfür sind Breitband-Distributoren prädestiniert: Deren Applikationsingenieure und Produktmanager kennen die gesamte Palette an Bauelementen sehr genau - von Halbleitern über passive und elektromechanische bis zu Displays, Boards und Systemen sowie Speicher- und Wirelesstechnologien und beraten herstellerübergreifend und neutral.

Beispiel Stromversorgungen

Ein Paradebeispiel hierfür sind Stromversorgungen, denn in der Praxis hat sich nur eine Handvoll Schaltungsaufbauten durchgesetzt. Diese Topologien kommen immer wieder in ähnlicher Weise zum Einsatz. Dadurch kann besonders viel Wissen aus bereits erfolgreich durchgeführten Projekten in neue Designs eingebracht werden.

Keine Frage: Die Anforderungen an konkrete Schaltungen können sehr unterschiedlich sein. Das folgende Beispiel zeigt jedoch, dass die gewonnene Erfahrung im Bereich der Stromversorgungen besonders nützlich sein kann:

Die Sperrwandler-Topologie hat sich bei Schaltnetzteilvarianten mit Potenzialtrennung für Industrieanwendungen etabliert. Der Startpunkt der Entwicklung in diesem Beispiel ist meist die Auswahl eines geeigneten Schaltreglers für die entsprechende Leistungsklasse. Die zugehörige BOM des Referenzdesigns umfasst in der Regel 40 bis 60 Positionen. Manche dieser Komponenten sind mehrfach auf dem Board platziert. Abbildung 1 zeigt eine vereinfachte Darstellung des typischen Schaltplans eines Sperrwandler-AC/DC-Netzteils. Sie fokussiert sich auf die wesentlichen, kostentreibenden Komponenten, die vor allem bei hohen Stückzahlen sorgfältig ausgewählt werden sollten.

Mit dem Schaltregler, dem Übertrager, der stromkompensierten Drossel und den beiden eingezeichneten Kondensatoren wird bereits ein Großteil der kostentreibenden Bauelemente dieser Applikation abgedeckt. Daher sollte hier das Hauptaugenmerk bei der Bauteilauswahl liegen.

Die Priorisierung in diesem Beispiel kann auf eine Vielzahl von Entwicklungsprojekten angewandt werden. Dadurch werden Kosten eingespart und effizientere Gesamtlösungen ermöglicht.

 

Komponenten gibt es auf www.rutronik24.de.

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